Teilzeit ist nicht Vollzeit – Urteil des BAG

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat über eine arbeitsvertragliche Regelung entschieden, die keine wöchentliche Mindestarbeitszeit nannte. Arbeit auf Abruf ist danach auch ohne Nennung einer wöchentlichen Mindestarbeitszeit zulässig. Dem Anteil der Abrufarbeit hat das Bundesarbeitsgericht aber Grenzen gesetzt, es dürfen nicht mehr als 25 Prozent der Arbeitsleistung auf Abruf erfolgen.

Die Entscheidung schafft insofern Klarheit, daß dann die im Gesetz vorgesehene Mindestwochenarbeitszeit von 10 Stunden auch bei Nichtannahme der Arbeitsleistung zu vergüten ist", erklärt Rechtsanwalt Dr. Oliver K.-F. Klug, Hauptgeschäftsführer des AGAD Arbeitgeberverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. in Essen.

Mit dem befristet beschäftigten Koch eines Hotelrestaurants war folgendes vereinbart worden: „§ 2 Entgelt und Arbeitszeit Es ist eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart. Der Brutto-Stundenlohn beträgt 10,50 € und ab Juli beträgt der Brutto-Stundenlohn 11,50 €. Für Sonn- und Feiertagsstunden wird ein steuerfreier Zuschlag in Höhe von 50 Prozent vergütet.“

Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses gab es Wochen, in denen der Koch sogar länger als die tarifliche Wochenarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte von 39 Stunden arbeitete. Im Monatsdurchschnitt blieb er aber jeweils unter der tariflichen monatlichen Höchstarbeitszeit von 198 Stunden. In späteren Monaten wurde er jeweils – in unterschiedlichem Umfang – deutlich unterhalb der Regelarbeitszeit von 39 Stunden eingesetzt.

Nachem der Kläger das Arbeitsverhältnis kündigte, verlangte er mit Anwaltsschreiben und schließlich der Klage Entgeltdifferenzen auf der Basis einer 48-Stunden-Woche in Höhe von 7.686,99 € brutto. Das Arbeitsgericht wies die Klage vollumfänglich ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr überwiegend statt. Das Bundesarbeitsgericht stellte das Urteil des Arbeitsgerichts wieder her und wies die Klage vollumfänglich ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die geltend gemachte Summe aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges heraus. Annahmeverzug richte sich nach der arbeitsvertraglich vereinbarten oder – falls diese regelmäßig überschritten werde – nach der tatsächlich praktizierten Arbeitszeit. Aus der Formulierung im Arbeitsvertrag werde hinreichend deutlich, daß die Parteien kein Vollzeitarbeitsverhältnis, sondern ein Teilzeitarbeitsverhältnis in der Form der Arbeit auf Abruf (§ 12 TzBfG) vereinbart hätten. Es sei ausdrücklich keine Vollzeitbeschäftigung, sondern eine Festbeschäftigung mit flexibler Arbeitszeit nach den betrieblichen Erfordernissen vereinbart worden. Damit sei der Kläger teilzeitbeschäftigt. Für die vom Landesarbeitsgericht angewendete Regel, wonach bei Fehlen einer Teilzeitvereinbarung im Zweifel ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet werde, sei daher kein Raum. Legten die Parteien keine Mindestarbeitszeit fest, verhindere dies die Vereinbarung einer Arbeit auf Abruf nicht. Das Fehlen einer wöchentlichen oder täglichen Arbeitszeit bedeute nicht, Arbeit auf Abruf sei deshalb unzulässig. Die Nichtvereinbarung einer bestimmten Dauer der wöchentlichen oder täglichen Arbeitszeit führe dazu, daß nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG eine wöchentliche Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart gelte und der Arbeitgeber nach § 12 Abs. 1 Satz 4 TzBfG die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch nehmen müsse.
BAG, Urteil vom 24.09.14 (5 AZR 1024/12)




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