Facebook auf dem Weg zum globalen Verlag?
Nach Ansicht des FAZ-Chefs für die online Medien, Mathias Müller von Blumencron wird das „soziale Netzwerk“ zusehends zu einer Gefahr. Möglicherweise beginne gerade die „radikalste Attacke auf die Medienwelt, wie wir sie kennen", sagte der Chefredakteur der digitalen Produkte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und frühere Spiegel-Chefredakteur auf einem Medienforum NRW in Köln.
Man habe Facebook als Interaktionskanal kennengelernt. „Nun plötzlich werden wir aufgefordert, für Facebook direkt zu produzieren, zu einer verlängerten Werkbank von Facebook zu werden.” Das Netzwerk sei für die Medien „Partner” und auch „sehr, sehr gefährlicher Gegner”.
„Was wir sehen können, ist, daß 1,4 Mrd. Menschen eine Plattform zu einem mehr oder weniger zentralen Teil ihres Lebens gemacht haben..., niemand ist bisher so nahe an uns herangekommen.” Blumencron: „Soziale Plattformen kennen keine Redakteure, sie kennen nur Programmierer, sie kennen nur Algorithmen.“
Hintergrund ist die Aufforderung an Journalisten und Medien, nicht mehr für die eigenen Blätter zu produzieren, sondern sofort für Facebook in der Rubrik Instant Articles. Der Dienst startete Mitte Mai, wurde aber nicht mehr aktualisiert, wie Business Insider berichtet. Die Rubrik war mit neun Verlagspartnern vorgestellt, vier davon, nämlich die europäischen Medien Guardian, BBC, Spiegel Online und Bild haben bisher keinen einzigen Artikel auf Facebook eingestellt.
Das „Social Network“ kündigte an, es wolle nach und nach weitere Partner einbinden, das Format verbessern und gemachte Erfahrungen nutzen.
Im Rahmen des Projekts können komplette Artikel, Fotogalerien oder Videos direkt in dem „Social Network“ veröffentlicht werden, statt bisher Links und Teaser zu den Inhalten. Im Gegenzug übernimmt Facebook auf Wunsch die Vermarktung der eingestellten Inhalte, beteiligt an den Werbeeinnahmen und behält 30 Prozent Provision ein. Verkauft der Lieferant von Content die Anzeigen selbst, darf er sämtliche Werbeeinnahmen behalten.
Zusätzlich lockt Facebook die Partner mit schnellen Ladezeiten der von ihm gehosteten Artikel und einer detaillierten Auswertung mittels seiner Analytics-Werkzeuge. Zudem ermöglicht es ergänzend interaktive Karten, ein Zoom für hochauflösende Bilder, automatisch startende Videos und Audiobeiträge.
Eine ähnliche Entwicklung ist in der Touristik schon durch. Die Reservierungsportale sagten damals den Hoteliers, Veranstaltern oder anderen Dienstleistern, sie sollten sich auf die Kernkompetenz konzentrieren, Gastgeber zu sein. Verkaufen werde man die Zimmer wegen der weltweiten Verbindung besser und im Übrigen liefere man auch Bewertungen und Auswertungen. Und so geschah es dann.
Quelle:NFh Nr. 08/15
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