Welllnesshotellerie: Einbußen nicht zu vermeiden
Wellness-Hotels & Resorts ist die führende Kooperation im deutschsprachigen Raum, wenn es um einen Lebensstil für Wellness im Hotel geht. Sie setzt und analysiert Trends, die den Hoteliers dazu verhelfen, ihr Business erfolgreich zu verfolgen. Seit vielen Jahren steht ihr Geschäftsführender Gesellschafter, Michael Altewischer - Foto - der Redaktion von NFh aus Anlass der Herausgabe des Wellness Supplements zu einem erläuternden Gespräch zur Verfügung, so auch diesmal.
Frage: Der Umgang mit Corona hat der Wellness Hotellerie einiges zugemutet, aber sie kommt viel besser aus dem Lockdown als andere Betriebsformen, ist das ein nachhaltiger Trend oder denken Sie, dass dies ein Strohfeuer ist?
Michael Altewischer: Ja, die Wellnesshotellerie konnte, wie auch die Ferienhotellerie, nach dem Lockdown besser als z.B. die Stadt- und Businesshotellerie ins Geschäft zurückfinden. Gründe dafür liegen sicherlich darin, dass das Ende der Ausgangssperren in die warme Jahreszeit fiel. Das gab den Betrieben der Freizeithotellerie den großen Vorteil, die in der Regel vorhandenen Freiflächen nutzen zu können, um Hygienestandards und Abstandsregeln umzusetzen.
Diese Entwicklungen der letzten Monate würde ich aber nicht als Trend beschreiben. Gerade uns in der Wellnesshotellerie stehen im Herbst und Winter weitere Herausforderungen bevor. Wenn die Außenflächen in der kalten Jahreszeit zur Nutzung von Sportprogrammen und einzelnen Wellness-Anwendungen wegfallen, wird die Situation im Spa wieder angespannter.
Die Erfahrungen des Sommers geben uns jedoch die Gelegenheit, im Herbst die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wir befinden uns jetzt in der luxuriösen Situation, dass Gäste und Hoteliers den Umgang mit den Hygienerichtlinien kennen. Nun heißt es durchzuhalten und weiterhin das Beste aus der Situation zu machen.
Frage: Die aktuelle Auslastung in der Wellness Hotellerie ist gut, aber die Auflagen bringen doch einige Probleme mit sich, wovon die Abstandsregelung im eigentlichen Wellness-Bereich die gravierendste ist. Wenn man die strikt einhalten will, dürfte eigentlich nur die Hälfte der Kapazität verkauft werden. Was raten Sie dem Hotelier?
Michael Altewischer: Ich rate jedem Hotelier, die Vorgaben zu Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen unbedingt einzuhalten. Nichts wäre schlimmer, als wenn es durch unvorsichtiges Verhalten zu einer erneuten Schließung des Betriebs oder der ganzen Region käme.
Dafür müssen, wie Sie ganz richtig einschätzen, Umsatzeinbußen hingenommen werden. Wie eben erwähnt, war im Sommer die Situation durch Ausweichmöglichkeiten ins Freie noch etwas entspannter. Für die Planung des Winters rate ich für die einzelnen Spa-Treatments SWOT-Analysen durchzuführen und das Spa-Menü entsprechend anzupassen. Ganz besonders sollte die Dauer der Anwendungen überdacht werden. Hier braucht es einen Weg, um dem Wunsch möglichst aller Gäste nach Anwendungen gerecht werden zu können. Gleichzeitig müssen genügen Gelegenheiten zum Durchschnaufen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeplant werden. 45 Minuten bis zu eineinhalb Stunden im Spa hinter einer Maske zu arbeiten ist für die Behandlerinnen und Behandler eine große zusätzliche Herausforderung, die es zu berücksichtigen gilt.
Frage: Die Coronaschutzverordnung geht von einer hohen Ansteckungsgefahr aus. Nun liegt ja schon ein wenig Erfahrung vor, und sie zeigt, dass man die Sache hier ganz gut im Griff hat. Was machen deutsche Hoteliers besser als die in Kroatien oder Spanien?
Michael Altewischer: Ich bin davon überzeugt, dass grundsätzlich alle Dienstleistungsbranchen rund um den Tourismus in sämtlichen europäischen Ländern ein großes Interesse daran haben, dass es zu keinem zweiten Lockdown kommt. Die eigenen Existenzen hängen davon ab.
Problematisch ist in einigen anderen europäischen Ländern jedoch, dass es keine klaren, stringenten Regelungen seitens der Regionalregierungen gibt. Hinzu kommt teilweise die Unvernunft von Gästen und einigen Lobbyisten insbesondere der Partyszene, die die mittel- und langfristigen Konsequenzen ihres Verhaltens außer Acht lassen. Schleppt also ein Gast Covid-19 beispielsweise nach Mallorca ein, kann er in Bars und Discotheken schnell zum Superspreader werden – worunter dann, wie gerade passiert, der komplette Tourismus der Insel leidet.
Frage: Einige Betriebstypen, so die Kreuzfahrt, sind noch überhaupt nicht wieder in Gang gekommen. Die aber ist der Deutschen liebes Kind. Wie kann der Wellness-Hotelier von diesem Nachfrageüberhang profitieren?
Michael Altewischer: Die Kreuzfahrt ist ein Wettbewerber für die Wellnesshotellerie. Die Spas an Bord der Schiffe haben oft 4- oder 5-Sterne Qualität, so dass der Gast sich in der Regel für die Kreuzfahrt oder für einen Wellnessurlaub entscheidet.
Wir in Deutschland haben das große Glück, dass die Politik nach längerem Hin und Her erkannt hat, dass von einem 4- oder 5-Sterne Hotel ohne Wellness-Abteilung nicht viel mehr als eine bessere Frühstückspension bleibt. Wellnesshotels durften also öffnen und sind – wie oben besprochen – vergleichsweise gut aus dem Lockdown herausgekommen.
Auf den Kreuzfahrtschiffen ist es deutlich schwieriger die Hygieneregeln umzusetzen. Dort besteht keine Möglichkeit zusätzlichen Platz zu nutzen. Außerdem braucht ein Schiff eine deutlich höhere Grundauslastung als ein Wellnesshotel, um rentabel fahren zu können. Inzwischen sind aber auch die ersten Schiffe wieder unterwegs. Wir befinden uns also wieder im Wettbewerb. Der Gast wird aktuell dorthin gehen, wo ihm Sicherheit glaubwürdig versprochen werden kann. Ich denke hier hat die Wellnesshotellerie in Deutschland und den angrenzenden Ländern momentan weiterhin sehr gute Karten das Vertrauen der Gäste für sich zu gewinnen.
Frage: Medical Wellness, eine Spezialform der Bewegung, war in den Jahren zuvor eine Nischenform. Denken Sie, dass Gesundheitsbewusstsein stärker in den Fokus rückt und wenn ja, wie kann der Hotelier davon profitieren?
Michael Altewischer: Ja, ich glaube fest, dass die aktuelle Pandemie noch mehr Menschen als bislang dafür sensibilisiert, auf die eigene Gesundheit zu achten. Ein großes Thema ist dabei immer wieder zu Beginn der dunklen Jahreszeit und ganz besonders in der momentanen Situation das Immunsystem intakt zu halten. Wir unterstützen unsere Partner dabei, den Gästen – aber auch den eigenen Mitarbeitern – Tipps und Anregungen zur Stärkung des Immunsystems an die Hand zu geben. Dabei haben wir natürlich Covid-19 im Kopf, es geht aber genauso darum andere Erkrankungen wie Influenza, Husten, Schnupfen oder grippale Infekte abwehren zu können.
Unabhängig von Corona betonen wir seit mehr als drei Jahren (noch intensiver als vorher), dass es in der Wellnesshotellerie heute um eine glaubwürdige Spezialisierung geht. Unsere Wellness-Trends der letzten Jahre zeigen immer wieder, dass der Gast klare Erwartungen an den Wellnessurlaub hat. Das kann nach wie vor der Wunsch nach Verwöhn-Wellness sein. Unsere Studien zeigen aber auch, dass immer mehr Menschen hinzukommen, denen Wellness mit nachhaltiger Wirkung wichtig ist.
Frage: Der Preis für ein Wellnesserlebnis in den Hotels und Resorts ist auch von der Nachfrage abhängig. Die hat sich nun positiver entwickelt als angenommen. Raten Sie zu Preiserhöhungen oder sollte der Hotelier den Mehrwert im Einkauf suchen?
Michael Altewischer Wer im Jahr 2020 nicht begriffen hat, dass der Einkauf eine wichtige Option ist, um Mehrwert zu schaffen, ist kein Kaufmann. Daneben müssen und sollten Preiserhöhungen jedes Jahr durchgeführt werden. Ich verstehe nicht, warum in der Hotellerie dabei teilweise so gezögert wird. Andere Branchen machen uns immer wieder vor, dass kontinuierliche Preiserhöhungen erfolgreich implementiert werden können.
Regelmäßige Preiserhöhungen sind außerdem überlebenswichtig - schon alleine deshalb, um einen echten Inflationsausgleich zu schaffen. Ohne diesen sind Investitionen kaum möglich. Kommt es aber zum Investitionsstau, hat das Hotel den Wettbewerb um die Gunst der Gäste schnell verloren.
Beitrag erschienen zuerst in NFh Neue Fakten hotelintern, Nr. 09/20 im Wellness Supplement
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