Geld senkt die Hemmschwelle

Facebook investiert, damit Medienhäuser ihre Aktivitäten im Live-Video-Segment ausbauen. Auch in Deutschland werden solche Investments vorgenommen. Wie Meedia, ein Branchendienst des Handelsblatt Verlags berichtet, nimmt Bild Geld von Facebook für Video-Content.

Für Facebook sind die Bewegbild-Aktivitäten von Bedeutung, weil sich das Unternehmen dadurch eine höhere Verweildauer verspricht. Außerdem läßt sich durch die Vermarktung von Bewegbild ein viel höherer TKP erzielen. In den USA wird das Umsatzvolumen im Video-Content-Geschäft auf mehr als # 9 Mrd. geschätzt, weltweit prognostizieren Mediaagenturen bis 2017 ein Volumen von mehr als # 20 Mrd.

An Auftritten im Social Web haben Verlagshäuser ein Interesse. Aber das ist natürlich ein zweischneidiges Schwert. Wenn Inhalte nicht mehr auf den eigenen Kanälen verbreitet werden, sondern losgelöst im Social Web, schwächt das die schon angefressene Position, denn es geht ja nicht nur um Videos, sondern auch um normalen Content, den zieht Facebook ebenfalls an sich. Es ist noch kein Jahr her, daß FAZ-Chef Mathias Müller von Blumencron darauf aufmerksam machte, das „soziale Netzwerk“ werde zusehends zu einer Gefahr. Möglicherweise beginne gerade die „radikalste Attacke auf die Medienwelt, wie wir sie kennen", sagte der FAZ Chefredakteur für digitale Produkte und frühere Spiegel-Chefredakteur auf einem Medienforum NRW in Köln.

Man habe Facebook als Interaktionskanal kennengelernt. „Nun plötzlich werden wir aufgefordert, für Facebook direkt zu produzieren, zu einer verlängerten Werkbank von Facebook zu werden.” Das Netzwerk sei für die Medien „Partner” und auch „sehr, sehr gefährlicher Gegner”.

„Was wir sehen können, ist, daß 1,4 Mrd. Menschen eine Plattform zu einem mehr oder weniger zentralen Teil ihres Lebens gemacht haben..., niemand ist bisher so nahe an uns herangekommen.” Blumencron: „Soziale Plattformen kennen keine Redakteure, sie kennen nur Programmierer, sie kennen nur Algorithmen.“

Zu den Vertragskonditionen zwischen Bild und Facebook wollte sich die Sprecherin von Axel Springer gegenüber Meedia nicht äußern. Es ist also unklar, seit wann die Kooperation steht, wie lange sie laufen soll und in welchen Fällen welche Summen fließen. Die Sprecherin erklärt zum Deal mit Facebook, daß man mit der Kooperation „eine Monetarisierung der Verbreitung von Live-Streams auf der Plattform sichern“ wolle. „Für Axel Springer ist Monetarisierung ein Grundpfeiler unserer Distributionsstrategie und wir wollen unseren Journalismus nicht verschenken. Wir nutzen reichweitenstarke Plattformen wie Facebook für die Verbreitung unserer Inhalte, wenn wir einen erkennbaren Ansatz für Finanzierung sehen. Daher betrachten wir das aktuelle Programm als ein Zeichen für die konstruktive Zusammenarbeit mit Facebook, auch mit Blick auf Monetarisierungsmodelle.“ Wie gesagt: Geld senkt die Hemmschwelle.
(zuerst veröffentlicht in NFh Nr.08/16)




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