Verpackungsgesetz: Ziemlich viel Aufregung

Nachdem die Länder ihre Vorstellungen zu einem neuen Verpackungsgesetz artikuliert hatten, ging ein Aufschrei los. Das kam nicht von ungefähr, denn die Bundesländer schlugen vor, Milchtüten, Saft- und Weinflaschen in die Bepfandung mit einzubeziehen. Der NABU hatte ihnen geflüstert, wenn das nicht geschehe, werde die Mehrwegquote noch weniger erreicht. Dazu sollte man wissen, daß die „Naturschützer“ allergisch auf Einweg sind.

Nun hat das Bundesumweltministerium den Entwurf eines neuen Verpackungsgesetzes vorgelegt, in dem die Vorstellungen der Länder nicht berücksichtigt werden, jedenfalls nicht was Milchtüten etc. anbetrifft. Das Ministerium macht sich zum Anliegen, den Anteil der Abfälle, die wiederverwertet werden können, zu erhöhen. Dabei läßt es die Kommunen entscheiden, ob Verpackungsabfälle und andere Wertstoffe gemeinsam in einer Wertstofftonne gesammelt werden. Das sieht der Entwurf eines neuen Verpackungsgesetzes vor, der heute veröffentlicht wird. Hauptziel des Gesetzes ist es, wesentlich mehr Abfälle aus privaten Haushalten zu recyceln.

Nachdem eine Einigung mit den Ländern auf das ursprünglich geplante Wertstoffgesetz nicht möglich war, konzentriert sich das Verpackungsgesetz auf eine „ökologische Weiterentwicklung“ der Verpackungsverordnung, sagt das Ministerium.

Die von den Koalitionsfraktionen und dem Bundesumweltministerium ursprünglich vorgesehene Erweiterung der Produktverantwortung auf die sogenannten stoffgleichen Nichtverpackungen wie Spielzeuge, Bratpfannen oder andere Haushaltswaren, war nicht konsensfähig. Nach dem Verpackungsgesetz kann nunmehr die Kommune entscheiden, ob sie mit den dualen Systemen vereinbart, diese Abfälle mit zu erfassen. Zahlreiche Kommunen haben die Wertstofftonne in Abstimmung mit den dualen Systemen eingeführt. Mit dem neuen Verpackungsgesetz wird die dauerhafte Einführung solcher Wertstofftonnen gefördert.

Wie die Sammlung vor Ort durchgeführt wird, bestimmen die Kommunen. Sie entscheiden zum Beispiel darüber, ob in Tonnen oder in Säcken gesammelt sowie wann und wie oft abgeholt wird.

Die Abfallentsorgung wird nicht dem Wettbewerb entzogen. Um den Wettbewerb und einen konsequenten Vollzug zu gewährleisten, wird eine „Zentrale Stelle“ eingerichtet, die die produktverantwortlichen Hersteller und Vertreiber finanzieren. Sie dient als Registrierungs- und Standardisierungsstelle, sagt Berlin. Mit der „Zentralen Stelle“ wird allerdings der Bock zum Gärtner gemacht.

In den kommenden Wochen werden die Verbände zu dem Gesetzentwurf angehört. Danach wird die Bundesumweltministerin den (überarbeiteten) Gesetzentwurf dem Bundeskabinett vorlegen.

Die Deutsche Umwelthilfe hat sich schon geäußert, in einem, leider allenthalben eingerissenem, rüden Ton. Sie sagt: Der Entwurf des Verpackungsgesetzes von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks wird von den Bundesländern in weiten Teilen abgelehnt und ist damit durchgefallen. Dies sei das Ergebnis der Abstimmung des Bundesrates zum aktuellen Entwurf. Ziel der ursprünglich als Wertstoffgesetz gestarteten Gesetzesinitiative sei es gewesen, Verpackungsabfälle zu vermeiden, die Sammlung von Verpackungen aus Plastik und Metall auf stoffgleiche Produkte auszuweiten und betrügerischen Verpackungsherstellern durch eine bessere Kontrolle das Handwerk zu legen. Originalton DUH: „Die massiven Nachforderungen der Bundesländer zum Schutz umweltfreundlicher Mehrweggetränkeverpackungen sind eine schallende Ohrfeige für Umweltministerin Barbara Hendricks. Die von der Ministerin geplante ersatzlose Streichung der Mehrwegquote ist Ausdruck einer wirtschaftsorientierten Klientelpolitik und ein Kniefall vor Plastikflaschenherstellern und Discountern wie Aldi. Es wird erst gar nicht versucht, die in der Verpackungsverordnung festgelegte Mehrwegquote zu erreichen. Damit wird die Mehrwegschutzpolitik der ehemaligen Umweltminister Klaus Töpfer, Jürgen Trittin und Sigmar Gabriel ohne Not auf einem Altar aus Milliarden Einwegplastikflaschen geopfert", kritisiert der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Die DUH fordert statt der Streichung der Zielquote für Mehrweggetränkeverpackungen deren Beibehaltung bei 72% und die Verknüpfung mit politischen Maßnahmen für den Fall der Nichterreichung. Eine solche politische Maßnahme wäre die Einführung einer Lenkungsabgabe auf unökologische Einweggetränkeverpackungen in Höhe von 20 Cent.

Für besonders bedenklich halten die DUH, die Kontrolle über die Lizenzierung von Verpackungen der Industrie und dem Handel zu übertragen. „Eine zentrale Stelle mit Register- und Kontrollfunktion zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Lizenzierung und Entsorgung von Verpackungen muss unter staatlicher Kontrolle bleiben. Eine Selbstkontrolle durch den Handel und die Industrie kann nicht funktionieren. Bleibt es bei der von Barbara Hendricks geplanten „Selbstkontrolle“ durch Handel und Industrie, ist das schädlich.

Anmerkung der Reaktion: Es drohen Absprachen und Schlimmeres. Auch der so gern postulierte Wettbewerb findet nicht mehr statt. Im Übrigen hat auch das Kartellamt gegen eine derartige Konstruktion Bedenken, wie vorab in NFh Nr.03/17 zu lesen war.




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