Wie sind „unlautere Handelspraktiken“ zu vermeiden?
Die Überlegungen der EU-Kommission im Kampf gegen „unlautere Handelspraktiken“ führen zu skurrilen Ergebnissen. Hintergrund ist die Prämisse, die Landwirtschaft müsse geschützt werden. Dabei sind die Vorschläge der Kommission, die das verhindern sollen, dem Europäischen Dachverband der Landwirte und Genossenschaftsbetriebe (Copa Cogeca) nicht rigid genug.
Brüssel hat die Idee, nationale Behörden dafür einzurichten.
Im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) stoßen verschiedene Vorschläge von EU-Agrarkommissar Phil Hogan auf Vorbehalte. So sieht das Bundeswirtschaftsministerium, zuständig für unlauteren Wettbewerb und die Einhaltung kartellrechtlicher Vorschriften, keinen Handlungsbedarf über die bisher schon ergriffenen Maßnahmen hinaus. „Die Kartellämter machen einen guten Job“, heißt es dort. Besonders stößt dem der Marktwirtschaft verpflichteten Ministerium auf, daß zur „Erhöhung der Transparenz“, wie von der EU-Kommission gefordert, auch eine Offenlegung der Preis-und Gewinnmargen anvisiert wird. Auch auf Fachebene des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) werden die Köpfe über derartige Brüsseler Pläne geschüttelt. Eine Offenlegung oder gar Festlegung von Gewinnmargen zwischen Erzeugern, Zwischenhandel und Supermarktketten sowie Discountern wird als „sachfremd“ bezeichnet. Überdies in 20 von 28 EU-Staaten seien Marktkontrollen und gesetzliche Maßnahmen im Kampf gegen unlautere Geschäftspraktiken etabliert.
Für zusätzliche neue Behörden, wie von Brüssel vorgeschlagen, wird sich keine Mehrheit unter den Mitgliedsländern finden, heißt es.
Sensibilisiert durch die aufkommende Welle von Kritik, ruderte EU-Agrarkommissar Phil Hogan bei der Vorstellung seines Paketes vor der Presse erstmal einmal zurück und kündigte an, das Thema Preistransparenz erst in einem dritten Schritt zum Ende des Jahres konkretisieren zu wollen. Im Klartext, die im Vorfeld der Abstimmungsgespräche unter den Generaldirektionen Markt, Wirtschaft und Landwirtschaft kontroversen Diskussionen -aus zahlreichen EU-Mitgliedstaaten befeuert – wird wohl für eine Beerdigung erster Klasse der Ideen des Iren Hogan um eine Offenlegung der Gewinnmargen führen.
Das Thema Kosten und Erlöse-Ermittlung hat Copa-Cogeca durchgerechnet. Danach fließen durchschnittlich 21% des Wertanteils eines landwirtschaftlichen Erzeugnisses an die Bauern, 28% an die Verarbeiter und 51% an den Einzelhandel. Wie er zu den Zahlen kommt, verrät der Dachverband nicht.
Die deutschen Europaabgeordneten im Agrarausschuß fordern über alle Parteigrenzen hinweg, die Stärkung der Position des Landwirtes in der Lebensmittelkette, als bisher schwächstem Glied. Sie beklagen eine besorgniserregende Konzentration von Handelsketten in der EU-Nahrungsmittelversorgungskette. „Wir brauchen faire, transparente und verbindliche Wettbewerbsregeln in der EU, um die dominante Position von Handelsketten im nationalen als auch regionalen Markt einzuschränken“, erklärte Albert Deß, agrarpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament.
Er kann da wohl auf eigene Erfahrung zurückgreifen. Er ist CSU-Europaabgeordneter und Haupterwerbslandwirt, der seinen Betrieb an die Nachfolgegeneration übergeben hat. „Ein Diktat der Handelsketten, wie der Landwirt zu produzieren hat, bedeutet Gesetzgebung am Gesetzgeber vorbei. Dies muß europaweit unterbunden werden“, so Albert Deß. Landwirte trauten sich häufig nicht, es laut anzusprechen, sie würden „von den Supermärkten zuweilen erpreßt“, berichtet Topagrar.
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